Im Juni 2012 reiste ich wieder einmal nach Findhorn, der spirituellen Gemeinschaft in Nordschottland. Die Eindrücke waren lebhaft und überwältigend: Es ist ein Zentrum des Lichts, ein inspirierter Bienenschwarm, ein Bewusstseinspilz der grossen Sorte. Mein Fazit: Jeder, der sich mit der Evolution des menschlichen Bewusstseins befasst und sich für die Manifestation des Lichts auf Erden begeistern kann, sollte dort mal hinreisen. Aber lesen Sie selbst!
Erste Eindrücke
Ich bin mit meinem Spassometer angereist: Ein Massband, welches den Heiterkeitsquotienten HQ misst. Der höchste Wert an Lebenfreude, Spass und Glück ist 35. Die erste Konversation über dieses Thema ist ein wenig ernüchternd: S, mein alter Freund, beziffert den HQ der Gemeinschaft auf 1. Als ich ihn frage, was denn sein eigener HQ sei, behauptet er, jenseits von 35 zu sein, und strahlt. Später am selben Morgen werde ich versöhnt: Ich treffe „zufällig“ Bernadette und Christoph und sitze mit ihnen in ihrer hübschen Wohnung zusammen. Bernadette und Christoph haben einmal einen Lachkurs bei uns gemacht und hatten damals, vor ca. fünf Jahren, die Idee, sechs Monate in Findhorn zu verbringen. Nun sind sie seit zwei Jahren hier, und sie geniessen es! Ein hoher HQ blitzt mir aus den Augen von Bernadette entgegen, als sie begeistert von ihren Abenteuern erzählt. Die beiden können mit ihrer Pension bequem in Findhorn leben und bedauern nur, dass das Wetter doch eher kühl ist. Ich frage, ob es irgendwelche schwerwiegende Konflikte in der Gemeinschaft gebe. Die Antwort ist spontan „nein“, und Christoph berichtet, dass die Konfikte angeschaut und gelöst werden, bevor sie sich verhärten. Klingt gut! Die beiden haben Veranwortung übernommen im „Council“, im Rat der NFA, New Findhorn Association. Findhorn ist etwas wie eine Zwiebel mit verschiedenen Schalen. Die Findhorn Foundation (die Stiftung, FF) war zuerst da und ist für den Kursbetrieb verantwortlich. Die Leute sind als Mitarbeiter angestellt, und es gibt eine grosse Zahl von Kursen das ganze Jahr über. Darum herum haben sich die NFA und die „Community“ gebildet. Das sind Leute, die sich ihr Geld selber beschaffen und in der Gegend wohnen. Es gibt auch viele eigenständige Firmen vom Computerbusiness bist zum Künstleratelier, und all diese Einzelpersonen und Organisationen sind in der NFA zusammen gefasst. Die Mitgliederzahl der NFA liegt bei etwa 400, und die gesamte Community zählt ca. 600 Mitglieder. Christoph ist im Council für Finanzen und Regierungsformen verantwortlich, während sich Bernadette dem Thema „kreatives Älterwerden“ widmet. Es gibt weitere interessante institutionelle Rollen: Die Listener Conveners (Zuhörer-Zusammenfüger). Sie werden auch als Facilitators bezeichnet, als „Anleiter“. Zwei von ihnen nehmen an den Sitzungen des Rates teil, ohne ihm anzugehören, ohne Stimmrecht. Sie hören zu, geben Anregungen, fassen zusammen – aber sie sind nicht die Leiter. Es gibt keinen Leiter oder Präsidenten im Rat. Christoph ist überzeugt von diesem System. „Es gibt hier, wie in der Schweiz, Initiativen und Referenden, also basisidemokratische Formen. Ein Einzelner kann seine Initiative formulieren, eine Mehrheit suchen und so Einfluss nehmen“. Mich interessieren diese Fragen, denn es ist heute an der Zeit, dass wir von der Einzel-Erleuchtung zur Gruppen-Erleuchtung kommen, dass wir lichtvolle Institutionen schaffen. Dann geht es wirklich lichtwärts! Es gibt in Findhorn eine Konstitution aus dem Jahr 1999 von einem gewissen Robert Gilman, die damals ihrer Zeit voraus war. „Jetzt sind wir reif für diese Verfassung“, sagt Bernadette. „In unserer Führungsgruppe haben wir Vertrauen zueinander, und wir haben auch viel Spass miteinander.“ Meine Frage nach dem HQ beantworten die beiden erst später. Aber sie erzählen von der Fähigkeit der Findhornianer, Feste zu feiern. „Wenn es ein Kinderfest gibt, dann sind die Erwachsenen voll mit dabei“, berichtet Bernadette. „Ich habe noch nie einen Ort gesehen, an dem so ausgelassen gefeiert wird wie hier, auch bei anderen Gelegenheiten!“ „Und weisst du“, fährt sie fort, „obwohl sie das Leben geniessen, haben sie sich auch bewusst verpflichtet zu einem Dienst am Ganzen. Hier ist Sinn, und diesem Sinn folgt jeder auf seine Weise.“ Ich finde das bemerkenswert, denn in der ,Aussenwelt‘ hat es sich noch nicht überall herumgesprochen, dass das Leben einen Sinn haben könnte. Ich bin an die Richtigen geraten! Sie strahlen so herrlich, sie lieben sich so herrlich, es ist eine wahre Freude! Wenn Menschen so aufblühen können wie diese beiden, dann hat Findhorn schon allein deswegen seine volle Daseinsberechtigung! Erster Tag mit der Gruppe Die Gruppe der RPs, der „Resource Persons“, kommt zum ersten Mal am Samstag, 16.6. 2012, 14 Uhr zusammen. Wir sind etwa 30 Leute aus 15 Ländern. RPs sind „Kontaktpersonen“, die in Findhorn gelebt haben oder schon lange mit der Gemeinschaft verbunden sind. Ca. alle fünf Jahre werden sie nach Findhorn eingeladen. Ich bin ziemlich überwältigt. Es sind nicht die einzelnen Menschen, sondern es ist die Gesamt-Atmosphäre. Am Anfang machen wir eine Namens-Runde, und jeder soll drei Worte sagen über sich. Ich höre sehr oft das Wort „berührt“. Viele sprechen von Heimkommen, von Glücks-, von Friedensgefühlen. Das kommt so einfach aus der Luft, denn wir kennen uns nur zum Teil. Es gibt ca. 160 RPs weltweit; einige von ihnen habe ich vor 20 Jahren das letzte Mal gesehen, und viele habe ich noch nie getroffen. Mir kommt es vor, als habe der Geist der neuen Zeit sich hier an diesem Ort niedergelassen; wir werden berührt und durchtränkt davon. Wir sprechen in Thielle auch von einem „Geist von Thielle“, der harmonisierend wirkt. Aber hier ist diese Energie stärker, intensiver, reiner. Die Neuronen im Gehirn können sich neu anordnen, wenn man viel meditiert, wenn man sich selbst neu erfindet und die alten Muster hinter sich lässt. Es kommt mir vor, als seien hier die Gruppen-Neuronen neu geordnet, als flössen die Energien und Informationen freier und im Überfluss. Die Freundlichkeit und Offenheit sind so gross, dass etwas überspringt selbst bei Leuten, mit denen man sonst vielleicht nicht gross Kontakt haben würde. Es ist ein kräftiger Bewusstseins-Pilz! (S. Blog 3) Nach dem Abendessen habe ich mich zur „Küchen-KP“ eingeteilt: Reinemachen (KP wird auch übersetzt mit „Kitchen Party“). Wir sind ein Team von 8 Leuten, und wie immer gibt es eine Einstimmung, ein Attunement unter Leitung des ,Focalisers“. Wir halten uns an den Händen, machen eine kurze Runde über unsere Befindlichkeit (die sehr gut ist) und stürzen uns in die Arbeit. Craig aus England sagt mir, was zu tun ist. Er strahlt mich an wie ein Scheinwerfer, und während wir noch auf die Töpfe warten, plaudern wir. Er ist seit Januar hier, begeistert, möchte immer bleiben. Ähnlich ist es mit Markus, meinem Co-Abwäscher aus den USA. Ich bin nicht das erste Mal hier, und trotzdem spüre ich mehr denn je diese starke Energie.