Die Zeit rast und das Reisen macht Spass.
Seit Mittwoch sind wir in Tena, einer Stadt am Rande des Amazonasbeckens im Osten von Ecuador. Es ist spannend, abwechslungsreich, ein wenig chaotisch und erfrischend.
Wir wurden Anfang der Woche von einer ecuadorianischen Familie eingeladen. Die Tochter, Andrea, ist Psychologin, ca. 27 Jahre alt. Die Mutter, Ximena, ebenfalls Psychologin, ist ein Temperamentsbündel.
Nach einer vierstündigen Fahrt aus Quito kamen um ca. 22 Uhr an. Vater Edison erwartete uns. Er baut das Haus.
Das Haus hat zwei Zimmer: Man tritt direkt in den Wohnraum mit Küche ein. Links davon ist das Schlafzimmer.
Zur Begrüssung wurde eine neue grosse Matratze aufgeblasen – eine von denen, die mit Strom gefüllt werden können, ca. 60 cm hoch – und eine weitere für das Schlafzimmer.
Christina und ich durften im Wohnzimmer schlafen, während der Rest der Familie im Schlafzimmer übernachtete. Es ist auch noch die Grossmutter dabei, die Mutter von Ximena – also vier Leute in dem relativ kleinen Zimmer.
Wir erfuhren, dass am Freitag noch noch der jüngere Sohn kommen wird, sowie zwei befreundete Paare mit ihren Kindern. So ein Spass!
Aber wir haben am Donnerstag einen herrlichen Tag verbracht, obwohl wir am Morgen dachten, dass wir nie aus dem Haus kämen, da Ximena den Boden etwa dreimal putzte und viermal die Möbel umstellte.
Wir fuhren an den Napo Fluss. Wir befinden uns an den Osthängen der Anden. Ab unserer Höhe von ca. 600 m geht es ständig langsam abwärts in Richtung Osten, zunächst durch peruanischen Urwald und schliesslich nach Brasilien bis zur Stadt Manaus am Amazonas, und dann weitere unzählige Kilometer bis zum Atlantik.
Ich habe meinen Meterstab nicht dabei, aber ich schätze mal 3000 km insgesamt, je nachdem an welcher Stelle man in Brasilien mit dem Boot wieder rauskommt. Die Vorstellung dieser riesigen Urwald-Flächen, fast nur von Eingeborenen bewohnt, beflügelt mich. Auf diesen Flüssen erlebte Alexander von Humboldt vor über 200 Jahren seine Abenteuer mit grossen Entbehrungen und reicher wissenschaftlicher Ausbeute.
Wir fuhren in einem Kanu auf dem Napo und besuchten ein Eingeborenen-Dorf. Wie schön, der grosse Platz, die Strohhäuser, z.T. bunt bemalt.
Es war ein Touristenereignis. Wir bezahlten für die Darbietungen. Aber dafür waren wir sicher, dass wir nicht störten.
Sie hatten alle bunte Ketten aus Naturmaterialien umgehängt. Der Mann, der uns begrüsste, sprach Spanisch. Sie gehören zum Stamm der Quetschua.
Und sie hatten es lustig! Es ist gerade Karnevalszeit, und sie scherzten auf ihren Terrassen und lachten, dass es eine Freude war.
Im Haupthaus wurde uns vorgeführt, wie sie die Yucca mit einfachsten Mitteln zerkleinern und fermentieren. Danach kam der Tanz. Eine lustige Live-Band spielte mit etwas verstimmter Gitarre, und acht Frauen tanzten herein mit einfachen Schritten – ein kleines herziges Mädchen war auch dabei.
Wir wurden aufgefordert und tanzten mit. Es war ein schönes Gefühl mit diesen unschuldigen Menschen.
Anschliessend besuchten wir den Schamanen. Das kostet einen Dollar pro Person, wenn man sich behandeln lässt. Andrea liess sich reinigen. Er sah wie ein echter Schamane aus: Sehr alt, mit einer Krone aus Blättern, und mit einer Zigarette, hihi.
Er wedelte über Andrea’s Kopf mit einigen Blättern herum und murmelte Zaubersprüche. Es war lustig, nicht besonders tiefgehend, aber malerisch.
Wir haben schon andere Schamanen, z.B. in Bali, erlebt, und pflegten schon damals eine gewisse Respektlosigkeit, obwohl jener Schamane auf acht Vorgänger-Generationen zurückblicken konnte und durch das Buch „Eat, Pray, Love“ weltberühmt ist.
Es kommt darauf an, dass man es glaubt, und sie glauben es, und darum wirkt es. Wir kennen alle den Placebo-Effekt. Man nimmt eine Medizin. Der Arzt hat gesagt, dass sie wirkt, aber es ist gar nichts drin. Und sie wirkt!
Ich würde gerne noch näher an diese Urwald-Indianer herankommen, aber ich weiss nicht, ob es gelingt.
Am nächsten Tag machten wir wieder einen Ausflug mit unseren Freunden. Diesmal gings zu einem einsamen Wasserfall – er heisst Cascada de los angeles – im Regenwald. Und ich weiss nicht, wie mir geschieht: Ich bin plötzlich ganz verzaubert von dieser Fülle und Reinheit. Ximena erzählt von der Unverdorbenheit der Natur: Hier ist nichts vergiftet oder behandelt, es ist pure Natur. Gemäss Ximena leben die Eingeborenen sehr gesund und einfach, sie sind fast nie krank.
Wir haben gestern bereits mir einer jungen Eingeborenen einen Ausflug zu Wasserfällen gemacht, und es war ein Vergnügen zu sehen, wie diese vielleicht 15-jährige junge Frau sich in den Fluss stürzte, wie sie lachte, wie sie herzlich kommunizierte.
Beim Anblick des Wasserfalls der Engel, des tiefen Beckens, der Urwaldriesen, und der Schmetterlinge, die uns umflattern, sehe ich mich ins Paradies versetzt. Ich fühle mich zurück erinnert an die wunderschöne Geschichte von Dostojewski: Der Traum eines lächerlichen Menschen. Wir hatten sie vor Jahren zu einem Mitmach-Musical transformiert, das wir in der Schweiz, in Indien und in Neuseeland aufführten.
Der lächerliche Mann wird zu einem fernen Stern gebracht und erlebt dort die Fülle und Heiterkeit der Natur und der Menschen.
Ich kam mir vor wie der lächerliche Mann, verzaubert, in archaische Zeiten der Reinheit versetzt. Der Wunsch wuchs in mir, noch mehr von diesem Urwald-Zauber zu erleben.
Der Wasserfall trägt diesen Namen, weil auf den Fotografien manchmal die Gestalt eines Engels zu sehen ist. Laut Ximena ist es ein Ort von hoher spiritueller Energie, und das habe ich wahrscheinlich gespürt.
<
Ich habe über den lächerlichen Mann schon früher geschrieben – vielleicht erinnert ihr euch. Nachdem er von dem fernen, glücklichen Planeten zurückkehrt, nimmt er sich vor zu predigen, zu verkünden. Manchmal komme ich mir vor wie der lächerliche Mann, obwohl ich natürlich strikte zurückweisen würde, dass ich predige. Aber das Wort lächerlich hat ja mit Lachen zu tun, und es ist eine meiner wichtigsten Übungen, über mich selbst zu lachen.
Und der lächerliche Mann macht sich vielleicht lächerlich, wenn er meint, dass ihm irgendjemand zuhört, geschweige denn dass irgendjemand wirklich die Botschaft des Glücks ernst nimmt und sein Leben in diesem Sinne lebt.
Ich habe gerade in den letzten Wochen hier in Ecuador Menschen getroffen, die so in ihren Projektionen und Ängsten gefangen sind, dass ich keine Transformationsmöglichkeit sehe. Allerdings habe ich auch viele inspirierte Seelen getroffen, und wir haben viel gelacht und viel Spass gehabt.
Wie Christina am Ende der Fernsehsendung auf Arte so schön sagte: Der Süden ist im Herzen. Das Paradies ist im Herzen.
Dennoch berührt es mich sehr, es einmal ganz aus der Nähe in der Wirklichkeit zu sehen!
Wunderschön von anderen Paradiesen als Thielle zu hören!
Ich kann mich grad mitfreuen, ganz besonders auch an den BIldern!
Auch aus dem WinterWunderLand die herzlichsten Grüsse
Monika
Danke Corinne, und Grüsse ans Winterwunderland 🙂
Danke Corinne! Grüsse ans Winterwunderland!
Danke Rolando für deinen Bericht. Wir sind nicht im Dschungelparadies, dafür im WinterWunderLand, ist auch schön. Weiterhin gute Reise und schöne Begegnungen. Grüsse aus der Klus