Gerhard und Gomera**

Infos über Gomera

  1. Video der Gomera Street Band
  2. Einige Blog-Links
  3. Kleiner Bericht im Februar 2020

Das Video „Venus – she’s got it“ der Gomera Street Band, 8.2. 2020


Mein erster Blog über La Gomera 2020

Blog 2

Blog 3


Kleiner Bericht Februar 2020

Gomera ist eine Art Wunderland, es wird „die magische Insel“ genannt, auch von Einheimischen. An allen Ecken gibt es Musik, Improvisationen, Konzerten. Neben den herrlichen Auftritten der Gomera Street Band trifft man sich jeden Sonntag beim Markt im Café. Dort kann man etwa ab 14 Uhr spontan auftreten oder sich mit anderen Musikern zusammentun.

Wir wohnen in Vueltas beim Hafen. Von dort pilgern wir oft ans andere Ende des Strandes, ca. 1,5 km, nach La Playa. Dort spielte in den letzten Wochen (ca. 22.1. bis 8.2. 2020) fast jeden Abend die Gomera Street Band. Ein begeistertes Publikum versammelt sich und singt die Lieder mit. Diese Band kommt jedes Jahr seit 2003; sie ist eine Institution auf der Insel. Ich habe öfter mit meiner Melodika mit improvisiert und dadurch viele neue Freunde gewonnen. Manchmal wandern wir gegen Mitternacht zurück und geniessen den Mondschein.

In Vueltas haben wir von der Terrasse aus den Blick aufs Meer. Meist frühstücken wir gegen 9:30, weil dann die Sonne hinter dem steilen Hang hervorkommt. Danach arbeiten wir, oder wir gehen einen Kaffee trinken. Fünf Minuten zu Fuss von uns ist der Hafen und die Badebucht; dort gibt es auch ein wunderbares Eis-Café und viele Bars.

Manchmal machen wir auch einen Abendspaziergang, und bei solcher Gelegenheit lernen wir manchmal neue Menschen kennen. Kürzlich wurden wir von einer kleinen Gruppe, die auf einem Balkon rumtanzte zur eigenen Live-Musik, eingeladen, mit rumzutanzen und zu singen. Herrlich!

Es ist auch ein intensives Pflaster, und manche sagen, dass die Vulkan-Energie Transformation-Prozesse begünstigt. Bei mir hat das schon gewirkt, denn ich habe eine neue Serie von Texten und Videos mit dem Titel „Spiritualität wird normal“ hier auf rolandojoy produziert. Das wird natürlich fortgesetzt. Christina ist ihrerseits an einem neuen Buchprojekt.

Das Klima ist einzigartig, immer warm. Wir können bis Mitternacht ohne weiteres draussen sein. Manchmal gibt es stürmische Winde, ansonsten immer Sonnenschein.

So ergibt sich eine wunderbare Mischung von schönen Begegnungen, Musik, Kreativität, Faulenzen am Strand, gutem Essen zuhause und manchem im Restaurant, Liebe, Lachen und Vision. Herrlich! – 11. 2. 2020


Der Blog über Purple Gerhard:

Begegnung mit Gerhard Purple Rauscher

Ich habe Gerhard Rauscher bereits in einem Blog erwähnt. Gerhard ist ein Mitglied der Gomera Street Band; seit einem Fahrrad-Unfall vor 11 Jahren ist er im Rollstuhl unterwegs. Seine Freunde nennen ihn Purple.

Er spielte damals Querflöte und andere Instrumente. Heute singt er mit bei den Auftritten der Band – und er singt nicht nur mit, er singt auch Solo! Mein Video belegt es; da singt er „Stand by me“, und das Publikum singt und schwing mit.

Ich berichte genauer:

Am Samstag, 8.2. 2020, pilgerten wir wieder zur Playa, um unsere geliebte Gomera Street Band zu sehen.

Gegen Ende des Abends kam Purple in seinem Rollstuhl in die Mitte; er hatte ein Mikrofon und einen Lautsprecher.

Christina und ich sassen hinter der Band und konnten nicht gut hören.

Das Lied „Stand by me“ hat für uns eine besondere Bedeutung, denn es war das erste Lied, das wir bei unserer Ankunft in Spanien im Jahr 2005 von einem Strassenmusiker hörten (David, der auch heute noch strassenmusikalisch unterwegs ist). Es war und ist unser symbolisches Lied für die gegenseitige Solidarität.

Als nun Gerhard mit Unterstützung der Band und des Publikums dieses Lied intonierte, folgte ich meinem Impuls und filmte den letzten Teil. Gerhard summt dort so lieblich, und das Publikum ebenso.

Das hat mich sehr berührt, denn für ihn hat wohl die Solidarität eine besondere Bedeutung. Das war Community pur!

Am nächsten Morgen fragte ich mich, ob ich wohl dieses Video veröffentlichen dürfe. Ich hatte Gerhard bisher nicht persönlich kennen gelernt.

Um ca. 11.30 – es war Sonntag – schlug Christina vor, zum Sonntags-Markt zu wandern, denn dort trifft sich das bunte Feld, es gibt Musik und schöne Dinge.

Wen sehen wir auf dem Weg, an der Kreuzung hinter Borbalan? Das ist Gerhard! Ich springe über die Strasse, stelle mich vor. Er kennt mich vom Sehen und Hören, denn bereits mehrere Male habe ich mit meiner von selbst wohltönenden Cassotto-Melodika in der Band mit kreiert.

Ich erzähle von dem Video und frage ihn, ob er einverstanden ist, ihn zu publizieren. Er ist es. Christina kommt dazu. Wir erzählen ihm, dass wir von seinem Unfall schon gehört haben.

„Es ist das Beste, was mir passieren konnte!“ sagt er.

„Ja wirklich, das war nötig!“ Wir sind ein wenig baff, aber kommentieren nicht.

Wir fachsimpeln über WhatsApp, und ich biete ihm an, diese coole App bei ihm auf dem Smartphone zu installieren. Da er auch gerade auf dem Weg zum Markt ist, verabreden wir uns fürs Café dort oben. „Wahrscheinlich bist du schneller als wir“, scherze ich. Und in der Tat: Seine Geschwindigkeit mit dem elektrischen Rollstuhl ist 6,1 km/h.

Ich warte auf ihn im Café und schlage vor, dass wir uns in eine stille Ecke verziehen, hinten dran, sonst hören wir nichts wegen der schon laufenden Live-Musik. Ich zeige ihm das Video, und besonders gefällt ihm, wie die Leute mitsingen. Das mit dem WhatsApp funktioniert leider wegen Strom-Knappheit nicht. Aber Gerhard erzählt mir noch ein bisschen:

Er war damals mit dem Fahrrad unterwegs von El Guro zur Gomera Street Band, die es ja bereits seit 2003 gibt. Der schwerverletzte Mann wurde mit einem Helikopter nach Teneriffa geflogen. Er war halb im Koma und nahm fast nichts wahr. Dort konnte man ihm nicht helfen, und seine Freunde auf Gomera und in Erlangen, seiner Heimatstadt, traten in Aktion. In Erlangen wurde ein Benefizkonzert organisiert, es kamen 12000 Euro zusammen, die für einen Spezial-Rückflug nötig waren. In Deutschland wurde er sozusagen wieder zusammengeflickt; es dauerte Jahre, bis er wieder sprechen konnte.

Er erzählte von Erfahrungen mit seinen Pflegern und Pflegerinnen, von denen er sich teilweise wieder trennte, wenn die Chemie nicht stimmte.

Er kommt jeden Winter für einige Wochen nach Valle Gran Rey, um mit seinen Freunden von der Gomera Street Band zu musizieren und das freie Leben zu geniessen.

Die Pfleger und Pflegerinnen auf Gomera hieven ihn beispielsweise nachts ins Bett – etwa 100 kg nach eigener Aussage. Und sie sind so nett, dies auch noch nach 23 Uhr zu tun, wenn er nach dem Song „Stand by me“ oder anderen Liedern um diese Zeit nach Hause kommt.

Ein strahlender Mann, ich sag es euch! Einer der sein Schicksal gepackt hat, voller Dankbarkeit und Positivität. „Ich bin dankbar, ich bin dankbar! Es genügt doch, wenn wir nett, freundlich und wohlwollend sind!“ Wenn das nicht Spiritualität ist!

Im Café beim Markt geht inzwischen die Post ab, denn jeder kann dort auftreten, musizieren, oder was auch immer. Nach einer halben Stunde erscheint dort Gerhard; ein Mikrofon und ein Lautsprecher sind vorhanden, und er singt für die Gemeinde. Wie schön!

Lieber Purple, die Begegnung mit dir hat mich sehr berührt, und ich wünsche dir von Herzen weiterhin viele Menschen, die verstehen, was „stand by me“ bedeutet.

Wir werden uns sicher noch mal sehen in den nächsten Tagen, und dann werden wir fragen: What’s up? Oder WhatsApp? Oder singen wir zusammen auf der Strasse? Meine Ukulele und Melodika kann ich bringen…

Fotos: Horst Piegeler

IMG_9001